05.03.2025
Ver. 1.0
Anna Rehbock
Der Beitrag beschäftigt sich mit Darstellungen von Musikinstrumenten in dem Videospiel Hogwarts Legacy aus musikwissenschaftlicher Perspektive. Dabei werden die enthaltenen Instrumente im Kontext der magischen Spielwelt und den Voraussetzungen durch das Medium Videospiel auf ihre Funktion innerhalb des Spiels untersucht. Unter Berücksichtigung der Parameter Hörbarkeit, Spielbarkeit bzw. Grad der Interaktionsmöglichkeit sowie Relevanz für die Handlung im Spiel konnten vier Funktionskategorien herausgearbeitet werden: dekorative, repräsentative, interaktive sowie handlungsgebundene Funktion, innerhalb dessen weitere Differenzierungen vorgenommen werden können. Deutlich werden dabei Vielseitigkeit und Detailreichtum. Insgesamt führt die differenzierte Ausgestaltung der Instrumente zu einer höheren Immersion in das Videospiel.
Hinweis:
Die Autorin möchte darauf hinweisen, dass sie nicht alle Ansichten der Autorin Joanne K. Rowling vertritt. Sie und die Forschungsgruppe stellen ausdrücklich klar, dass hier alle Menschen willkommen sind.
Open Access
URN: urn:nbn:de:101:1-2023060113
Text-Lizenz: CC-BY.
Herausgegeben von der Forschungsgemeinschaft VideospielMusikWissenschaft.
Empfohlene Zitierweise: Anna Rehbock, „Flutes and Lutes“. Darstellungen und Funktionen von Musikinstrumenten im Spiel Hogwarts Legacy, Ver. 1.0, veröffentlicht 2025, hrsg. von der Forschungsgemeinschaft Videospiel
Die Nummerierung am Anfang jedes Absatzes kann stellvertretend für Seitenzahlen genutzt werden.
Dieser Artikel ist im Rahmen einer Hausarbeit für das Seminar "Musik in Videospielen" am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Hamburg enstanden.
[1] Die Musik in Videospielen ist in der Musikwissenschaft noch immer ein jüngerer Forschungsbereich, der aber eine Vielzahl an Forschungsmöglichkeiten bietet. Neben generellen Untersuchungen zu den Möglichkeiten und Techniken in dem Medium Videospiel ist auch eine Spezialisierung auf konkrete Phänomene und Details möglich. Dabei bietet jede Spielwelt einen durch Genre, Storyline, Spielmodus, Kontext und weitere Besonderheiten einzigartigen Rahmen für die Musik. In dem hier zu betrachtenden Videospiel Hogwarts Legacy (2023)1 Hogwarts Legacy, Version 1.04–1.06 (02.06.2023/
[2] Damit zusammenhängend ist die Erwartungshaltung der Fans eine wichtige Vorbedingung, die neben dem Vertraut-Neu-Konstrukt eine Welt erwarten, die mit ihrem Wissen und dem Bild übereinstimmt, was sie von der magischen Welt von Harry Potter und von dem Schloss Hogwarts, wo der Großteil der Handlung stattfindet, haben und in der sie eigenständig viele Spielstunden damit verbringen können, die Geheimnisse und Details von Hogwarts und der Umgebung zu erkunden. Das Spiel kommt dem nach, indem es durch eine sehr detailreich ausgestattete offene Spielwelt (Open-World) eine tiefe Immersion bietet, in der eine Fülle an musikalischen Details sowohl visuell als auch akustisch zu finden sind. Aufgrund der Länge von 40–60 Stunden Spielzeit und einer bis jetzt veröffentlichen Länge von vier Stunden originaler Videospielmusik4 Chuck E. Myers „Sea“, J Scott Rakozy und Peter Murrey, Hogwarts Legacy (Original Video Game Soundtrack), Hogwarts Legacy, WaterTower Music, big idea music productions inc., 2023, https:/
[3] Im Folgenden wird das Spiel in einem ersten Schritt primär auf die visuelle Darstellung von Musikinstrumenten in Form der Ikonografie untersucht,6 Vgl. Cristina Guzmán Anaya, „On the Organological Potential of Video Games. A Preliminary Cataloguing Card Model for the Examination of Ludomusical Instruments“, in: Journal of Sound and Music in Games 4/
[4] Visuelle Darstellungen von Musikinstrumenten sind in der gesamten Open-World häufig zu finden. Einerseits ist die Einbeziehung von Instrumenten in unterschiedlichen Formen in Spielen nicht ungewöhnlich.7 Vgl. Tim Summers, Understanding Video Game Music, Cambridge 2016, S. 178. Andererseits fällt die hohe Anzahl im Kontext der Harry-Potter-Welt auf, da in den ursprünglichen Büchern Musik und Musikinstrumente eher eine untergeordnete und funktionale Rolle spielen. So werden sie beispielsweise als Mittel genutzt, um an dem Hund Fluffy vorbeizukommen oder sind Teil eines Rätsels während des Trimagischen Turniers. Erwähnungen von Musik außerhalb eines funktionalen Zusammenhangs sind selten.8 Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Stein der Weisen, Hamburg 1998, S. 299; Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Feuerkelch, Hamburg 2000, S. 483; ebenda, S. 438; Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Halbblutprinz, Hamburg 2005, S. 333. Entsprechend sind die häufigen Darstellungen von Musikinstrumenten in Hogwarts Legacy auffällig.
[5] Die Darstellungen von Musikinstrumenten lassen sich anhand ihrer Funktion im Spielgeschehen sowie des Grads der Interaktionsmöglichkeit differenzieren. Der Begriff der diegetischen Musik bezieht sich dabei darauf, dass die Quelle der hörbaren Musik in Form der Musikinstrumente im Spiel sichtbar ist.9 Vgl. Josef Kloppenburg, „Musik im Film“, in: Handbuch Funktionale Musik. Psychologie – Technik – Anwendungsbereiche, hrsg. von Günther Rötter, Dortmund 2017, S. 429–456, hier S. 432. Die Begriffe diegetisch und nicht-diegetisch wurden für Videospiele aus der Filmmusik übernommen. Es stellt sich zunehmend die Frage, ob sie für das Medium Videospiel angemessen sind, da beispielsweise der Spieler bzw. die Spielerin selbst bereits sowohl diegetisch als Figur im Spiel ist als auch nicht-diegetisch in die Welt eingreift.10 Kristine Jørgensen, „Time for New Terminology? Diegetic and Non-Diegetic Sounds in Computer Games Revisited“, in: Game Sound Technology and Player Interaction. Concepts and Developments, hrsg. von Mark Grimshaw, Hershey 2011, S. 78–97, hier S. 79. An dieser Stelle ist der Begriff im ursprünglichen filmmusikalischen Sinne gewählt, da er sich auf die abgebildeten Instrumente und die dadurch hörbare Musik bezieht.
[6] Ein Großteil der dargestellten Instrumente ist nicht hörbar, mit ihnen kann im Spiel nicht interagiert werden und sie sind für die Handlung nicht relevant. Damit beschränkt sich die Darstellung auf eine rein visuelle Repräsentation, der die akustische Komponente fehlt. Dennoch übernimmt diese Kategorie von Instrumenten Funktionen innerhalb des Videospiels. Die visuelle Repräsentation sorgt „for a major sense of realism or immersion by visually supporting the diegetic presence of music within the virtual world“.11 Ebd., S. 55. Insbesondere, wenn Musik hörbar ist, aber auch als Unterstützung der nicht unmittelbar präsenten, aber insgesamt in der Welt existierenden Musik, sorgen die Darstellungen von Instrumenten dafür, dass die Spielwelt realer wirkt. Zusätzlich schmücken die Instrumente die Welt aus und sorgen damit dafür, dass die Spielwelt detailreicher wird und den Spielenden ein größeres Entdeckungserlebnis geboten wird.12 Für die Frage, ob Fans den Detailreichtum bemerken und wert schätzen, vgl. beispielsweise die Redditposts und dessen Kommentare: Harry_99_PT, „The sheer amount of classical pieces all throughout the castle.“, r/
[7] Die größte Ansammlung an Instrumenten in Hogwarts befindet sich in einem Musikraum. Dieser Raum hat für die Haupthandlung keine Relevanz, nur ein kleinerer, optionaler Nebenauftrag findet hier statt. In den Harry-Potter-Büchern wird ein Musikraum ebenfalls nicht erwähnt, womit Musikunterricht zumindest Ende des 20. Jahrhunderts während der Handlung der Bücher kein Pflichtunterricht und ebenfalls irrelevant für die Handlung ist. Zu sehen ist die Bezeichnung „Music Room“ allerdings in der illustrierten Ausgabe von Harry Potter und der Gefangene von Askaban.13 Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Gefangene von Askaban. Illustriert von Jim Kay, Hamburg 2017, S. 148. Damit entspricht die Funktion des Raums selbst bereits dem Schaffen von Detailreichtum und Entdeckungsmöglichkeiten.
[8] Zu den nicht interaktiven und nicht hörbaren Instrumenten in dem Raum zählen eine Harfe mit hölzernen Rahmen, drei Celli, eine Hardangerfiedel, ein Horn, zwei Lauten, mehrere Trommeln und Glocken. Die Griffbretter der Celli sind in der Art der Hardangerfiedel verziert und das Horn ist im Verhältnis zu dem Spielcharakter im Durchmesser schätzungsweise einen bis eineinhalb Meter groß und besitzt zusätzliche Bögen, womit es etwa doppelt so groß wie ein herkömmliches Horn ist (s. Abbildung 1). Bei der hölzernen Harfe handelt es sich um eine Harfe ohne Umstimmvorrichtung, erkennbar an den fehlenden Pedalen (s. Abbildung 2). Die Trommeln sind einfachere Schlagtrommeln, die sich alle als offene, einfellige, zylinderförmige Röhrentrommeln kategorisieren lassen und sich untereinander nur in der Größe und farblicher Verzierung unterschieden (s. Abbildung 3).14 Erich M. von Hornbostel und Curt Sachs, „Systematik der Musikinstrumente. Ein Versuch“, in: Zeitschrift für Ethnologie 4–5 (1914), S. 553–590, hier S. 570.
[9] Die Wahl von ungewöhnlichen Instrumentenausführungen im Vergleich zu den heute standardisierten modernen Instrumenten übernimmt die Funktion einer historischen Glaubwürdigkeit. Spielende sind mit den Instrumenten wie Harfe, Violine und Horn grundsätzlich vertraut. Da die Instrumente im Spiel jedoch im Vergleich mit dem vertrauten, modernen Bild Alterationen aufweisen, erwecken sie den Eindruck von historischen Instrumenten, was zur Handlungszeit des 19. Jahrhunderts passt. Außerdem entsteht der Eindruck, dass die Instrumente eine gehobenere Umgebung und Wohlstand symbolisieren, insbesondere im Vergleich zu der einfacheren Ausstattung der Dörfer im Vergleich zu Hogwarts, (s.u.). Auffällig ist auch, dass alle Instrumente willkürlich im Raum stehen, beispielsweise sind die Celli alle nicht stabil an den Wänden des Raums angelehnt. Dies soll vermutlich den Schulkontext darstellen, in dem Schülerinnen und Schüler mit den Instrumenten zu tun haben und diese nicht unbedingt ordentlich verstauen.
[10] Zusätzlich zu den Instrumenten im Raum sind auch auf den Portraits vor und in dem Raum Musizierende und weitere Instrumente abgebildet. Dabei entsprechen die abgebildeten Instrumente teilweise den Instrumenten im Raum. Einige bilden allerdings auch stark verfremdete und fantasiereiche Instrumente ab, wie zum Beispiel vielfach geschwungene Hörner mit mehreren Schalltrichtern oder eine Fusion von Horn und Harfe (s. Abbildung 4 und 5). Das dargestellte Musizieren ist identisch mit der uns bekannten Spielweise der Instrumente und unterscheidet sich damit von den schwebenden Instrumenten, die auf magische Art in der Open-World gespielt werden. Möglicherweise wurde die magische Spielart erst nach der Entstehung der Portraits erfunden, was bedeuten würde, dass vorher auf „Muggel-Art“, der abgrenzende Ausdruck für nicht-magische Menschen im Harry Potter Franchise, musiziert wurde.
[11] Darüber hinaus befinden sich in dem Musikraum noch einige Instrumente mit der Möglichkeit zur Interaktion und Musiknoten, wobei es sich auf allen Notenständern um nur zwei verschiedene Notenblätter handelt, dessen grafisch identische Version mehrfach implementiert wurde (s. Abbildung 6–9). Insgesamt ist die Vielfalt der Instrumente in dem Raum abwechslungsreich, womit sie zu dem Detailreichtum und der zeitlichen Einordnung beitragen.
[12] Ein weiterer Ort, an dem viele nicht spiel- und hörbare Instrumente zu finden sind, ist der Laden „Flutes and Lutes“ in dem magischen Dorf Hogsmeade nahe Hogwarts. Es handelt sich um eine Reparaturwerkstatt für Instrumente, in der auch Instrumente und Noten zum Kauf zu finden sind, wobei allerdings im Gegensatz zu einigen anderen Läden in dem Dorf als Spielcharakter nichts tatsächlich interaktiv gekauft werden kann. Hier sind ähnlich wie bei dem Musikraum die gleichen Noten, Harfe, Trommeln, Hörner und Celli zu finden, wobei ein Cello in dem Raum in der Luft schwebend tatsächlich spielt. Zu hören ist allerdings vordergründig ein hohes Streichinstrument und kein Cello. Begleitet wird es von den Portraits, auf denen wie im Musikraum musizierende Personen abgebildet sind, dessen Musik hier tatsächlich hörbar ist (s. Videobeispiel 1).
[13] Zusätzlich befinden sich drei verschiedene Lautenarten, eine Langhalslaute, Panflöten, zwei Serpente und zwei verschiedene Arten von hölzernen Blasinstrumenten im Laden, womit die Gesamtanzahl und die Anzahl an unterschiedlichen Instrumenten hier nochmal höher ist (s. Abbildung 10). Die Holzblasinstrumente haben einfache Grifflöcher ohne Klappenmechanik, bei den größeren Instrumenten sind auf der Vorderseite sieben Grifflöcher erkennbar. Bei beiden Instrumentenarten ist kein Mundstück zu sehen, weshalb sich die Instrumente nicht exakt einordnen lassen (s. Abbildung 11).
[14] Im Laden sind einige interessante Details zu finden, dazu gehört zunächst die Reparaturwerkstatt, in der eine Langhalslaute mithilfe von Magie repariert wird (s. Abbildung 12). Damit ist neben der schwebenden, eigenständigen Spielweise des Cellos eine weitere magische Umgangsweise mit Instrumenten dargestellt. Beide magischen Umgangsweisen werden in dieser Form in dem Spiel Hogwarts Legacy so in der Welt von Harry Potter das erste Mal dargestellt und könnten damit extra für das Spiel erfunden worden sein. Weitere Details sind die sichtbaren Noten, bei denen es sich abermals um die gleichen grafischen Versionen wie in dem Musikraum handelt, sowie eine Unterscheidung bei der Anwesenheit von weiteren Besuchenden abhängig von der Tageszeit. Die Idee eines Musikalienhandels sorgt im Zusammenhang mit den dargestellten Instrumenten innerhalb der Spielwelt für Glaubwürdigkeit. Sie stellt inhaltliche Zusammenhänge her und sorgt damit neben den Funktionen wie Detailreichtum auch für Plausibilität innerhalb der Spielwelt, wodurch sie mehr innere Stimmigkeit, Realität und Immersion erhält.
[15] Die Funktion der Symbolisierung von Wohlstand wie im Musikraum wird in den weiteren Dörfern innerhalb der Open-World deutlicher. Insgesamt sind in der Spielwelt neben dem Hauptspielort Hogwarts und dem größeren Dorf Hogsmeade noch elf weitere Dörfer zu finden, die selbständig erkundet werden können. Sie stellen Fundorte für verschiedene Artefakte dar und in ihnen finden Nebenaufträge und teilweise auch Hauptaufträge statt. Innerhalb von sieben Dörfern gibt es musikalische Darstellungen in Form eines Straßenmusikers und bzw. oder einzelnen Häusern, die mit größtenteils nicht spiel- und hörbaren Musikinstrumenten ausgestattet sind (s. Tabelle 1).
Ort |
Instrumente pro Haus, Musiker |
Pitt-Upon-Ford |
Zwei Trommeln |
Tafelklavier (interagierbar) |
|
Grammophon (ohne Interaktion) |
|
Upper Hogsfield |
Straßenmusiker |
Aranshire |
Tafelklavier (ohne Interaktion), Trommel, Hardangerfiedel, Musikbild, Musiknoten |
Keenbridge |
Straßenmusiker |
Tafelklavier (ohne Interaktion), Trommel, Hardangerfiedel, Musikbild, Musiknoten |
|
Feldcroft |
Tafelklavier (ohne Interaktion), Trommel, Hardangerfiedel, Musikbild, Musiknoten |
Bainburgh |
Straßenmusiker |
Tafelklavier (ohne Interaktion) |
|
Cragcroft |
Zwei Trommeln |
[16] Instrumente statten insbesondere größere, mehrstöckige Häuser aus und heben sie damit hinsichtlich des Wohlstands von den umliegenden einfacheren Häusern ab. Dennoch ist die Relativität des Wohlstands im Kontext der einfacheren Dorfumgebung daran erkennbar, dass die abgebildeten Instrumente eher volkstümlich und weniger vielfältig als beispielsweise im Musikalienhandel sind. Auffällig ist die in der Tabelle erkennbare Wiederholung in der Raumeinrichtung: das Musikzimmer mit mehreren Instrumenten ist beispielsweise in grafisch identischer Anordnung in Aranshire, Keenbridge und Feldcroft implementiert (s. Abbildung 13), ähnlich wie bei den Musiknoten in dem Musikraum und bei dem wiederholten Auftauchen der gleichen Portraits. Vermutlich wurde dabei in der Produktion von Templates gebrauch gemacht, bei denen die Gegenstände oder der Raum grafisch nur einmal konstruiert und an verschiedenen Stellen in identischer Form eingesetzt wurden. Der Detailreichtum ist damit aus grafischer Sicht eher qualitativ statt quantitativ.
Vid. 1: Cello und Portraits in Flutes and Lutes (Musikladen). In: Hogwarts Legacy, aufgenommen mit Capture Card von der Autorin.
[17] Neben diesen Orten, an denen sehr viele Instrumente auf kleinem Raum zu finden sind, gibt es in der Open-World regelmäßig einzelne Instrumente zu finden. Ihnen kommt jedoch bis auf ihre Funktion als Requisite keine Bedeutung zu, weshalb hier nicht weiter auf sie eingegangen wird. Ein einzelnes Detail bei der Betrachtung von nicht hör- oder interagierbaren Instrumenten in Hogwarts Legacy fällt jedoch auf, da es inhaltlich Auskunft über die Bedeutung von Musik in der magischen Welt gibt. In Hogwarts gibt es ein Muggelkunde-Klassenzimmer, in dem diverse Dinge aus der nicht-magischen Welt wie Nähmaschinen oder Glühbirnen zu finden sind. In einer Vitrine sind außerdem ein Cello und ein goldener Notenständer ausgestellt (s. Abbildung 14). Diese erwecken durch den Kontext des Muggelkunde-Klassenzimmers den Anschein, als würde es sich dabei ursprünglich um nicht-magische Artefakte handeln. Demnach wäre das Musizieren mit Instrumenten etwas, was Zauberer von der Muggelwelt übernommen haben. Allerdings ist der identische Notenständer aus der Vitrine auch in dem Gemeinschaftsraum von Slytherin zu finden (s. Abbildung 15), das Haus, was mit Abstand am feindlichsten gegenüber Muggeln ist und bereits eine entfernte Verwandtschaft mit Muggeln ablehnt.15 Vgl. beispielsweise das Verhalten der „reinblütigen“ und slytherintreuen Familie Black, Joanne K. Rowling, Harry Potter und Orden des Phönix, Hamburg 2003, S. 138. Demnach würde in dem Gemeinschaftsraum wohl kaum ein Artefakt zu finden sein, welches als so repräsentativ für Muggel gilt, dass es in einem Klassenzimmer für Muggelkunde ausgestellt ist. Damit hat Musik aus diesem Blickwinkel zumindest anteilig auch einen magischen Ursprung und wurde eventuell nur von Muggeln übernommen.
[18] Ein Blick auf andere Alltagsgegenstände zeigt, dass „auch viele technische Gebrauchsgegenstände in der Zaubererwelt einer längst vergangenen Mugglewelt entstammen, ob dies nun Federkiele sind (mit denen die Zauberer auf Pergament schreiben), [oder] eine Dampflok, die den Charme eines viktorianischen Fortbewegungsmittels hat (der Hogwarts-Express).“16 Paul Bürvenich, Der Zauber des Harry Potter. Analyse eines literarischen Welterfolgs, Frankfurt am Main 2001, S. 61. Diese gemeinsamen Alltagsgegenstände sind allerdings nicht als Ausstellungsstück in einem Muggelkunde-Klassenzimmer zu finden. Anhand der Requisitenfunktion lässt sich damit erkennen, welche Bedeutung selbst unhörbare Instrumente haben können, da daran auch inhaltliche Überlegungen zu der Beziehung zwischen Musik und Magie angestellt werden können.
[19] Neben den rein visuellen Darstellungen gibt es auch Musikinstrumente, die hörbar sind, aber ebenfalls nicht die Möglichkeit zur Interaktion bieten und auch nicht relevant für die Handlung sind. Dennoch stellt der hörbare Klang einen für die Immersion relevanten Unterschied dar: die Präsenz von Geräuschen ist allgegenwärtig, durch die kontinuierliche Klangumgebung sind Geräusche näher mit der Realität verknüpft als das visuelle Bild, wodurch Geräusch- und Klanggestaltungen für eine realitätsnähere Spielerfahrung sorgen und dadurch zu mehr Immersion führen.17 Mats Liljedahl, „Sound for Fantasy and Freedom“, in: Game Sound Technology and Player Interaction. Concepts and Developments, hrsg. von Mark Grimshaw, Hershey 2011, S. 22–43, hier S. 27. Durch die hörbaren Musikinstrumente wird damit ein diegetischer Klangraum innerhalb der Spielwelt geschaffen.
[20] Der Geisterball ist eine Referenz zu der Todestagfeier, die in den Büchern erwähnt wird und die hier als Detail bei einer Erkundung von Hogwarts im Spiel entdeckt werden kann.18 Joanne K. Rowling, Harry Potter und die Kammer des Schreckens, Hamburg 1999, S. 128–146. Die sichtbaren Instrumente bilden ein schwebendes, geisterhaft durchsichtiges Ensemble bestehend aus einem Knopfakkordeon, einer Hardangerfiedel, einem im Vergleich sehr kleinen Serpent, einer Röhrentrommel mit zwei Schlägern, einem Holzblasinstrument wie aus der Musikhandlung, einer Laute, die der Laute des „Portrait of Love“ (s. Kapitel 2.2.3) entspricht sowie einem Saiteninstrument, das ebenfalls auf einem Portrait beispielsweise im Musikraum abgebildet ist und aus einem handlichen, harfenähnlichen Rahmen sowie einem zitherartigen Korpus mit sieben parallel gespannten Doppelsaiten besteht (s. Abbildung 16). Ob es sich bei diesem Instrument um ein Fantasieinstrument oder um ein spezielles, unbekannteres Instrument wie die Hardangerfiedel handelt, ist schwer zu sagen, jedoch zählt es nicht zu den gängigen Instrumentengruppen und Instrumenten.
[21] Dass hier mit besagtem Saiteninstrument auch ein Instrument abgebildet wird, was sonst nur auf Portraits zu sehen ist und nirgendwo in dem Spiel physisch gefunden werden kann, deutet darauf hin, dass es sich um ein älteres Instrument handelt. Es wird zur Zeit der Handlung des Spiels nicht mehr gespielt und ist nur auf der Geisterfeier als „Geist“ eines ausgestorbenen Instruments zu finden.
[22] Zu hören ist von dem Geisterensemble eine Variation der „Ancient Magic Coda“,19 Myers, Rakozy und Murray, Hogwarts Legacy (Study Themes from the Original Video Game Soundtrack), digitale CD (wie Anm. 4). ein Hauptthema innerhalb des Videospiels, das regelmäßig in verschiedensten Situationen zu hören und damit den Spielenden vertraut ist. Entsprechend der Ballatmosphäre erklingt das Thema hier in Form eines Walzers. Der Dreivierteltakt wird durch eine stärkere Betonung der ersten Zählzeit und zwei leichteren Betonungen der zweiten und dritten Zählzeit deutlich hervorgehoben, außerdem bestehen Phrasen größtenteils aus acht oder sechzehn Takten. Das Thema tritt regelmäßig als Refrain auf, der Tanzcharakter ist damit klar erkennbar (s. Videobeispiel 2). Leider passen die abgebildeten Instrumente nicht vollständig zu der hörbaren Instrumentierung. Zu hören sind beispielsweise deutlich mehr Streichinstrumente als nur eine Hardangerfiedel und auch mehr Schlagwerk wie Triangel und Glockenspiel statt nur der Röhrentrommel, dafür sind Laute und das harfenähnliche Instrument nicht hörbar (s. Videobeispiel 2). Damit wird insgesamt zwar durch die Musik ein Klangraum geschaffen, der die Tanzatmosphäre mit Hilfe einer Variation eines bekannten Themas musikalisch aufgreift und repräsentiert. Jedoch zeigt der Detailblick, dass die abgebildeten Instrumente als Klangquelle für die Musik nicht authentisch sind. Hinter den schwebenden Geisterinstrumenten befinden sich außerdem noch eine Harfe und ein Tafelklavier als Requisite. Beide werden nicht gespielt, sind nicht auslösbar und erfüllen auch inhaltlich keine Funktion, da auf der Geisterfeier niemand diese Instrumente benutzen könnte. Die Geister würden hindurchschweben, statt die Tasten oder Saiten zu bewegen, scheinbar sind sie hier ohne Funktion abgestellt worden.
Vid. 2: Geisterensemble (Geisterball). In: Hogwarts Legacy, aufgenommen mit Capture Card von der Autorin.
[23] Zentral in Hogwarts befindet sich ein schwebendes Streichquartett, das in der näheren Umgebung hörbar ist und aus einem Cello und drei Hardangerfiedeln besteht. Die bereits in dem Musikraum und im Musikalienladen abgebildete Hardangerfiedel bekommt damit eine prominentere Rolle in dem Videospiel, womit sich die Frage stellt, weshalb dieses Volksinstrument statt einer klassischen Geige verwendet wird. Die Hardangerfiedel ist eigentlich ein norwegisches Nationalinstrument, was aber Mitte des 19. Jahrhunderts auch in andere Länder, darunter Schottland, in dem sich Hogwarts befindet, exportiert wurde.20 Kjell Christian Midtgaard, The Hardanger Fiddle. The Art of Luthery in Telemark Norway, Stavern 2018, S. 12. Charakteristisch sind neben den vier spielbaren Saiten zusätzliche Resonanzsaiten, Verzierungen auf der Decke und dem Griffbrett sowie eine kunstvoll geschnitzte Schnecke.21 Ebd., S. 176. Im Videospiel sind insbesondere die Verzierungen auf dem Griffbrett sowie die Resonanzsaiten anhand der zusätzlichen Wirbel erkennbar. Ein „Hardangercello“ gibt es nicht, die Verzierungen auf dem Griffbrett des abgebildeten Cellos sollen wohl nur für eine einheitliche Ästhetik sorgen. Die Hardangerfiedel wird außerdem in der Regel als Soloinstrument eingesetzt, in den 1860er Jahren gab es zwar von den Instrumentenbauer Erik Jonsen Experimente zu einem Hardanger Quartett, das bestand allerdings aus zwei Fiedeln, einer Bratsche und einem Cello. Damit ist das abgebildete Ensemble untypisch.22 Ebd., S. 34. Darüber hinaus gibt es bei einem detaillierteren Blick weitere organologische Ungewöhnlichkeiten. Die Wirbel des Cellos sind im Vergleich zu dem Korpus deutlich zu klein und könnten vermutlich die Spannung einer Cellosaite nicht halten (s. Abbildung 17). Außerdem zeigt eine Detailansicht der Hardangerfiedel, dass zwar die Anzahl an Saiten stimmt, es sich allerdings bei allen um spielbare Saiten dicht nebeneinander aufgereiht handelt und das Instrument keine typischen Resonanzsaiten besitzt, die unterhalb der spielbaren Saiten durch den Steg geführt werden. Damit wurde ein Grundcharakteristikum der Fiedel missachtet, sodass dieses Instrument auch schwer spielbar wäre (s. Abbildung 18).
[24] Keine direkte Fehldarstellung, aber dennoch eine Ungewöhnlichkeit bildet abschließend die Tatsache, dass es sich bei dem Cello aufgrund der Bogenstellung um ein Linkshänder-Cello handelt. Der Frosch des Bogens befindet sich aus Zuschauersicht auf der rechten Seite. Zu hören ist das Menuett aus dem Streichquintett E-Dur op. 11 von Luigi Boccherini und damit ein real existierendes klassisches Stück, was chronologisch mit dem Erscheinungsjahr 1771 deutlich vor der Handlung von Hogwarts Legacy Ende des 19. Jahrhunderts einzuordnen ist.23 Vgl. Luigi Boccherini, Sei Quintetti per Archi op. 11 Nr. 5, Miuetto, Partitur, hrsg. von Erico Polo, online abrufbar unter https:/
[25] Neben der historischen Einordnung fällt auf, dass das Quintett nur von vier Instrumenten gespielt wird, jedoch alle fünf Stimmen zu hören sind, was höchstens mit dem magischen Kontext erklärt werden kann. Zusätzlich sind auch nicht die für das Volksinstrument typischen Spieltechniken oder Klangeigenschaften wie beispielsweise die mitschwingenden Resonanzsaiten oder Borduntechnik zu hören, sondern klassische Streichinstrumente, die nur in den Geigenstimmen eine Oktave tiefer erklingen als das Original. Auch hier gibt es innerhalb des Spiels Gegenbeispiele, in denen historische Volksinstrumente tatsächlich zu hören sind, beispielsweise in „Grasslands Vivarium“,25 Myers, Rakozy und Murray, Hogwarts Legacy (Study Themes from the Original Video Game Soundtrack), digitale CD (wie Anm. 4). in dem keltisch-irische Volksmusik eine schottische Hochlandschaft untermalen.26 Vgl. Hogwarts Legacy, „Hogwarts Legacy – Behind the Soundtrack – ‚Grasslands Vivarium‘ with Composer Chuck E. Myers“, YouTube, https:/
[26] Annähernd realistisch dargestellt ist der akustische Klangraum, da die Entfernung des Charakters die Lautstärke und Dumpfheit bestimmt, wenngleich die Übergänge stufenweise statt nahtlos gestaltet sind (s. Videobeispiel 3). Insgesamt schafft das Streichquartett ein klangliches Ambiente innerhalb von Hogwarts, mit dem die gehobene Bildung entsprechend der Schulumgebung repräsentiert wird. Ebenso entsteht hierbei auch ein Gefühl einer dreidimensionalen Räumlichkeit aufgrund der akustischen Klanggestaltung und damit die Möglichkeit der Immersion. Dennoch zeigt eine genauere organologische Betrachtung, dass grundsätzlich mit der Hardangerfiedel ein besonderes Detail eingebaut werden wollte, allerdings einige Ungenauigkeiten und Fehler in der Umsetzung zu finden sind.
Vid. 3: Streichquartett. In: Hogwarts Legacy, aufgenommen mit Capture Card von der Autorin.
[27] In Hogwarts ist außerdem ein Portrait eines Lautenspielers zu finden, dessen Musik ähnlich wie bei dem Streichquartett in einem dreidimensional hörbaren Klangraum zu hören ist. Damit soll auch hier durch den auditiven Parameter eine größere Realitätsnähe geschaffen werden. Im Unterschied zu dem Streichquartett gibt es aber nicht mehrere Abstufungen in der Lautstärke, außerdem ist die Positionierung des Übergangs in den hörbaren Bereich je nachdem, ob sich der Charakter auf das Portrait zu oder davon weg bewegt, unterschiedlich (s. Videobeispiel 4). Damit wird ein subjektiver Wahrnehmungscharakter vermittelt. Sobald die Musik gehört wird, bewegt sie den Spielcharakter emotional und wird dadurch im Weggehen noch länger wahrgenommen.
Vid. 4: Portrait of Love Triggerpunkte. In: Hogwarts Legacy, aufgenommen mit Capture Card von der Autorin.
[28] Dies steht im Zusammenhang mit den inhaltlichen Themen der Musik. Zu hören sind zwei unterschiedliche Stücke. Zunächst eine freie Interpretation des Canon in D von Johann Pachelbel, welches einen höheren Bekanntheitsgrad als das Streichquintett von Boccherini aufweist. Ansonsten erfüllt es ebenfalls die Funktionen des „more real than the real“ Phänomens und der Charakterisierung des Schlosses Hogwarts. Zusätzlich wird der popkulturelle Bezug zu Liebe und Hochzeiten des Stückes in Verbindung mit dem zweiten, neu komponierten Stück, was in dem veröffentlichten Soundtrack den Titel „A Portrait of Love“ trägt, deutlich.28 Myers, Rakozy und Murray, Hogwarts Legacy (Original Video Game Soundtrack), digitale CD (wie Anm. 4). Laut dem Komponisten Chuck E. Myers geht es in dem neu komponierten Stück um „love that can not be fulfilled“.29 Hogwarts Legacy, „Hogwarts Legacy - Behind the Soundtrack - ‚A Portrait of Love‘ with Composer Chuck E. Myers“, YouTube, https:/
[29] Die Laute ist identisch mit einer der Lautenarten, die bereits in dem Musikraum, in dem Laden, auf Portraits und auch in Geisterform auf dem Geisterball abgebildet ist. Der Korpus besitzt die typische Schalenform mit einer flachen Decke und einer gewölbten Unterseite, jedoch fällt die ungewöhnliche dreieckige Form des Korpus und des Schalllochs auf. Auch der Kopf und die Stimmwirbel sind ungewöhnlich geformt, das Holz bildet eine Hufeisenform, in der sich sechs Stimmwirbel ähnlich wie bei einer portugiesischen Gitarre in Verlängerung zu der Saitenachse befinden.31 Vgl. Josef Zuth, Handbuch der Laute und Gitarre, Wien 1926, S. 222; Musical Instrument Museums Online, „Portuguese guitar“, MIMO, http:/
[30] Die Darstellung eines Lautenspielers im Kontext einer Fantasywelt erinnert an die Figur des Barden, die in Fantasywelten und auch Fantasyspielen eine etablierte Rezeptionsgeschichte aufweist. Sie tritt beispielsweise in dem Spiel Dungeons & Dragons (D&D) seit den 1970er Jahren auf und nimmt dabei eine musikalische, aber insbesondere auch eine magische Funktion ein:
[31] Barden sind in D&D magiebegabt; ihr Musizieren ist nicht primär unterhaltend, sondern vor allem magisch. Diese Trope hat tiefe Wurzeln in der europäischen Kultur. Sie findet sich bei Tolkien (in der ‚Ainulindalë‘ als Inbegriff der ‚large and cosmogonic myths‘ des Silmarillion) ebenso wie bei Lovecraft (der in The Music of Erich Zann 1921 grundlegend fremdartige Klänge zur Abwehr dämonischer Mächte imaginierte) und dürfte in beiden Fällen auf die antiken und mittelalterlichen Vorstellungen der Sphärenharmonie zurückgehen, bei Tolkien mit starken Anklängen an den Beginn der Genesis als Überwindung des Chaos durch den geordneten Kosmos.32 Christoph Hust und Maximilian Rosenthal, „Soundchips & Scores: Konzepte der Computer-Rollenspielmusik von Ultima bis Baldur’s Gate“, in: Musiktheorie 39/2 (2024), S. 125–142, hier S. 129f.
[32] Im Kontext von Hogwarts Legacy fügt sich die magische Konnotation der Bardenfigur nahtlos in die magische Welt ein, ohne dass Magie dafür sichtbar sein muss. Sie greift dabei möglicherweise auf Vorwissen zurück, das Spielende durch weitere Bardendarstellungen in anderen Fantasywelten vorweisen. Die Darstellung bezieht sich hier somit auf ein für Fantasywelten vertrautes Subjekt, womit die Plausibilität und Authentizität der Figur im Sinne des fantastischen Barden in Verbindung mit der magischen Umgebung unterstützt wird. Gleichzeitig entsteht hinsichtlich des historischen Vorbilds des Troubadours eine Differenz zwischen etablieren Normen und Subjekten innerhalb des Fantasy-Genres und dem historischen Vorbild. Erkennbar wird damit, dass Darstellungen in Fantasywelten nicht immer historisch korrekt sein müssen, um sich in einen genrespezifischen Kanon einzufügen.
[33] Interessant ist die Subjektivität von hörbaren Instrumenten und Klangräumen. Es gibt in der Haupthandlung des Spiels eine Aufgabe, in der sich der Charakter mithilfe des sogenannten Vielsafttranks in den Schulleiter Professor Black verwandelt. Hierbei haben die Spielenden die Möglichkeit, Hogwarts in Gestalt des Schulleiters zu erkunden. Neben veränderten Reaktionen von den nicht-spielbaren Charakteren in der Umgebung ändert sich auch die Musik während des Auftrags. Unterlegt ist der Auftrag musikalisch durchgehend mit einer eigenen Missionsmusik, die nicht auf dem veröffentlichten Soundtrack zu finden ist. Diese Missionsmusik ist beispielsweise auch während dem Öffnen des Menüs anstelle der eigentlichen Menümusik hörbar und bestimmt damit musikalisch das gesamte Spiel während dieses Zeitraums. Auch die Musik von dem Streichquartett wird davon beeinflusst. Normalerweise unterbricht das Streichquartett die sonstige Hintergrundmusik, sobald die Musik einsetzt. Hier wird die Missionsmusik fortgeführt und das Streichquartett ist nur in einem kleinen Radius um die Instrumente herum zusätzlich dazu hörbar. Ebenso ist auch das interaktive Tafelklavier in dem Musikraum, was sonst in dem gesamten Raum hörbar war, nur auf sehr begrenztem Raum zusätzlich zu der Missionsmusik zu hören. Das Lautenportrait ist neben der Missionsmusik gar nicht hörbar (s. Videobeispiele 5–7). Hier zeigt sich, dass die durch Instrumente erzeugten Klangräume innerhalb des Spiels auch veränderbar sind, außerdem entsteht der Eindruck, dass die Umgebungsgeräusche aus der Perspektive des Schulleiters anders wahrgenommen werden. Er scheint weniger auf die Musik zu achten und muss sehr viel näher an die Quelle treten, um sie überhaupt wahrzunehmen, während selbst dann noch der Kontext seines Vorhabens die Musik überlagert. Damit wird die hörbare Musik genutzt, um eine subjektive Wahrnehmung zu konstruieren und damit den Perspektivwechsel zu einer anderen Figur auch musikalisch realistisch darzustellen.
Vid. 5: Beeinflussung durch Vielsafttrank: Lautenbild. In: Hogwarts Legacy, aufgenommen mit Capture Card von der Autorin.
Vid. 6: Beeinflussung durch Vielsafttrank: Musikraum. In: Hogwarts Legacy, aufgenommen mit Capture Card von der Autorin.
Vid. 7: Beeinflussung durch Vielsafttrank: Streichquartett. In: Hogwarts Legacy, aufgenommen mit Capture Card von der Autorin.
[34] Bereits erwähnt wurden Instrumente, die nicht nur hörbar sind, sondern mit denen in einer Form interagiert werden kann. In Hogwarts Legacy ist diese Interaktion jedoch sehr minimal und auch nicht relevant für die Handlung. Zunächst gibt es den reisenden Musiker Ernie Lark, der in Hogsmeade, Upper Hogsfield, Keenbridge und Bainburgh bei Tag schwebende Musikinstrumente dirigiert. Die Instrumente selbst können nicht wie bei einer „musical performance“ selbst gespielt werden,33 Vgl. Summers, Understanding Video Game Music (wie Anm. 7), S. 198f. allerdings kann der Spielende durch die Aktion „10 Münzen Trinkgeld geben“ Einfluss auf die Anzahl der sichtbaren Instrumente nehmen. Zu Beginn schwebt nur ein Horn vor Lark (s. Abbildung 20), nach jeder Spende und etwas Zeit kauft der Dirigent nach und nach ein Serpent, eine Laute, eine Hardangerfiedel, ein Akkordeon und eine Trommel dazu (s. Abbildung 21), über diese sechs Instrumente hinaus sind weitere Geldspenden möglich, aber die Instrumente bleiben unverändert.
[35] Wie bereits an anderer Stelle gibt es auch hier Differenzen zwischen den abgebildeten Instrumenten und der hörbaren Musik. Grundsätzlich sind die Veränderungen in der Musik gering, wenn einzelne Instrumente dazu kommen. Das Stück wirkt bereits bei nur einem Instrument vollständig und es kommen nur einige Verzierungen wie durch die Hardangerfiedel hinzu. Zu hören sind außerdem nicht alle Instrumente, das Horn beispielsweise ist nicht erkennbar, was zu Beginn, wo nur das Horn sichtbar ist, für Irritation sorgt. Dafür sind auch Instrumente hörbar, die nicht sichtbar sind, beispielsweise eine Flöte (vgl. Videobeispiele 8–9).
[36] Neben der Differenz zwischen Bild und Ton gibt das Beispiel allerdings erneut Aufschluss darüber, wie Magie und Musik innerhalb der magischen Welt funktionieren. Die Instrumente werden von einem Musizierenden wie Ernie Lark gekauft und verzaubert, sodass sie in der Luft schweben und eigenständig die Musik des Musizierenden spielen. Nach der Verzauberung scheint eine anleitende Person nicht mehr benötigt zu werden, wie beispielsweise an dem autonomen schwebenden Streichquartett erkennbar ist. Mit der Verzauberung scheinen alle musikalischen Fähigkeiten auf das Instrument übertragen zu werden.
[37] Eine weitere Möglichkeit zur Interaktion bieten die meisten Tafelklaviere und Grammophone in der Open-World und ein Froschchor im Musikraum. Auch hier ist der Grad der Interaktion sehr gering, das Instrument selbst kann nicht gespielt werden, sondern nur durch eine Taste ausgelöst werden. Dabei sind bei dem Grammophon zwei verschiedene klassische Stücke und bei dem Tafelklavier mindestens elf verschiedene Stücke zu hören, bei dem Froschchor ist kein Stück erkennbar. Nach der Aktivierung wird eines der Stücke abgespielt und hört am Ende selbst wieder auf. Es gibt aber nach einigen Sekunden die Möglichkeit, das Instrument erneut auszulösen, womit das aktuelle Stück unterbrochen und ein neues Stück ausgelöst wird. Im Musikraum spielt durchgehend das Tafelklavier ohne Aktivierung und indem nach dem Ende eines Stückes eigenständig ein neues Stück beginnt.
[38] Die beiden Grammophonstücke sind „Valse allemande“ aus Robert Schumanns Carneval op. 9 sowie der Walzer „An der schönen blauen Donau“ op. 314 von Johann Strauss. Bei letzterem handelt es sich wie bei dem Streichquartett und dem Lautenbild ebenfalls um ein bekanntes klassisches Werk, dessen Wiedererkennungswert hier für das Spiel genutzt wurde, außerdem fällt bei beiden Stücken auf, dass es sich um einen Walzer handelt. Das könnte eine Referenz zu einer Szene in dem Film Harry Potter und der Feuerkelch sein, in dem bei dem Tanzunterricht für einen Weihnachtsball ebenfalls ein Walzer aus einem überdimensionalen Grammophon erklingt.34 Mike Newell (Regie), Harry Potter und der Feuerkelch, 2005, DVD, 64’02’’–66’12’’.
Abb. 20: Straßenmusiker mit einem Instrument (Hogsmeade). In: Hogwarts Legacy, Screenshot aufgenommen im Fotomodus von der Autorin.
Vid. 8: Straßenmusiker ein Instrument. In: Hogwarts Legacy, aufgenommen mit Capture Card von der Autorin.
Vid. 9: Straßenmusiker sechs Instrumente. In: Hogwarts Legacy, aufgenommen mit Capture Card von der Autorin.
[39] Die Tafelklaviere spielen durch das Auslösen zehn klassische Klavierstücke in festgelegter, wiederkehrender Reihenfolge (s. Tabelle 2).
Titel |
Komponist |
Walzer cis-Moll op. 64 Nr. 2 |
Frédéric Chopin |
Walzer As-Dur op. 69 Nr. 1 |
Frédéric Chopin |
Nocturne Es-Dur op. 9 Nr. 2 |
Frédéric Chopin |
„Regentropfen“ Prélude Des-Dur op. 28 Nr. 15 |
Frédéric Chopin |
Walzer „Minutenwalzer“ Des-Dur op. 64 Nr. 2 |
Frédéric Chopin |
Prélude e-Moll op. 28 Nr. 4 |
Frédéric Chopin |
Präludium C-Dur BWV 846 |
Johann Sebastian Bach |
Mazurka a-Moll op. 17 Nr. 4 |
Frédéric Chopin |
Walzer h-Moll op. 69 Nr. 2 |
Frédéric Chopin |
Intermezzo A-Dur op. 118 Nr. 2 |
Johannes Brahms |
[40] Eine Ausnahme bildet nur das Klavier in dem Musikraum, das nur Chopins Nocturne op. 9 Nr. 2 und das Präludium in C-Dur von Bach im Wechsel sowie während der Weihnachtszeit eine Neukomposition von Chuck E. Myers abspielt. Dass es sich um ein lineares Abspielen der Stücke handelt, liegt daran, dass die präexistente Musik keine andere Form zulässt.35 Vgl. Karen Collins, „Synergy in Game Audio: Film, Popular Music, and Intellectual Property“, in: Game Sound. An Introduction to the History, Theory, and Practice of Video Game Music and Sound Design, hrsg. von Karen Collins, Cambridge 2008, S. 107–122, hier S. 119.
[41] Die starke Fokussierung auf Klavierstücke von Frédéric Chopin ist aus inhaltlicher Sicht nicht zu erklären, in der Harry-Potter-Welt gibt es keinen Bezug zu Chopin und auch die Komponisten des Videospiels haben keine Verbindung in Interviews erwähnt. Damit muss die Auswahl auch hier funktionale Gründe haben. Zunächst handelt es sich bei den Werken von Chopin um annähernd zeitgenössische Musik aus dem Videospiel. Das Bach Präludium ist deutlich früher entstanden, was aber erneut durch den Bekanntheitsgrad und die projizierte Vorstellung der zeitgenössischen Musik erklärbar ist. Einzig das Brahms-Stück stellt einen chronologischen Fehler dar. Es wurde 1893 komponiert, das Spiel Hogwarts Legacy spielt laut inoffiziellen Angaben allerdings bereits 1890,36 N. N., „19. Jahrhundert“, Hogwarts Legacy Wiki, https:/
[42] Außerdem sind bis auf die Werke Bachs alle Werke bekannte Stücke der romantischen Klaviermusik. Neben der zeitlichen Einordnung werden auch die damit assoziierten Werte wie Flucht in eine fiktive Welt, Fantasie, Traum und Mittelalter- und Naturbezüge genutzt, welche für ein fiktives Fantasy-Spiel mit Setting in einer mittelalterlichen Burg sehr passend sind. Außerdem sorgt auch hier wieder der gehobene Charakter, der mit klassischer Musik assoziiert wird, für eine entsprechende Atmosphäre in Hogwarts. Dass die Musik hierbei von einem sichtbaren Instrument kommt, lässt diese kreierte Fantasiewelt wirklicher erscheinen und gibt einen Einblick in das Alltagsleben, was die fiktiven Charaktere in dieser Zeit in der Spielwelt führen könnten.
[43] Die Tafelklaviere befinden sich in Pitt-Upon-Ford, in „Flutes and Lutes“, in dem Musikraum und im Slytherin und Ravenclaw Gemeinschaftsraum. Grammophone sind ebenfalls in „Flutes and Lutes“, im Musikraum, neben dem Streichquartett in Hogwarts sowie in dem Gryffindor und Hufflepuff Gemeinschaftsraum zu finden. Insgesamt ist die reine Aktivierung von Musik keine tiefgehende Interaktion vergleichbar mit vielen anderen kleinen Auslösern innerhalb der Open-World und erfordert so gut wie keinen Aufwand. Andererseits wurde an dem Beispiel von Ernie Lark deutlich, dass durch den Einfluss von Magie tatsächlich nur eine einfache, magische Aktivierung notwendig ist, damit die Instrumente Stücke spielen. Damit zeigt sich, dass die Kunst des Musizierens in der magischen Welt auf ein Auslösen reduziert wird, was auch eine Erklärung dafür sein kann, warum Musik in den Harry-Potter-Büchern eine so untergeordnete Rolle spielt. Dennoch könnte es sein, dass die Verzauberung subjektiv davon geprägt ist, wieviel die aktivierende Person über Musik und Musizieren weiß, weshalb die Notwendigkeit einer musikalische Ausbildung nicht ausgeschlossen werden kann.
[44] Zuletzt lassen sich hör- und interagierbare Instrumente klassifizieren, die Teil einer Handlung sind. In Hogwarts Legacy gibt es zwei kleine Nebenaufgaben, die mit Instrumenten im Zusammenhang stehen. In der Aufgabe „Ende gut, alles gut“ sollen zwei fehlende Glocken in dem Glockenturm über dem Musikraum wieder zurückgebracht werden. Danach können die Glocken mit Hilfe des Basiszaubers ausgelöst und damit gespielt werden (s. Videobeispiel 10). Die acht Glocken ergeben dabei eine C-Dur-Tonleiter, wobei allerdings die Tonhöhen nicht im Verhältnis zu der abgebildeten Glockengröße steht. Beispielsweise ist das höchste C die Glocke mit dem größten Umfang. Die Komplexität der Aufgabe und des Instruments ist insgesamt niedrig gehalten, dennoch zeigt sich, dass auch innerhalb einer Quest inhaltlich grundsätzlich einen Bezug zu der musikalisch gestalteten Umgebung der Quest gibt. Diese Bezüge sind jedoch in der Umsetzung abermals von einer Differenz zwischen Bild und Ton betroffen.
[45] Eine komplexere Quest bildet die Nebenaufgabe „Gelöst von der Glocke“. Dabei wird zunächst in der Open-World eine „musikalische Karte“ gefunden (s. Abbildung 23). Darauf abgebildet sind ein markierter Ort, eine Legende, welche von neun Glocken welchem Ton entspricht und eine Notenzeile mit einer Melodie.
[47] Die Aufgabe besteht darin, die Glocken an der markierten Stelle zu finden und die Notenzeile mit Hilfe der Legende nachzuspielen. Dabei ist aber nur die richtige Reihenfolge der Tonhöhen relevant und nicht der Rhythmus, in dem die Glocken angeschlagen werden. Die gesuchte Phrase ist ein Zitat des bekannten „Hedwig’s Theme“ aus der Filmmusik von Harry Potter (s. Notenbeispiel).
Vid. 10: Quest „Ende gut, alles gut“. In: Hogwarts Legacy, aufgenommen mit Capture Card von der Autorin.
[48] Im Vergleich zu dem Notenbeispiel der originalen Filmmusik zeigt sich auf der musikalischen Karte, dass die Notation vereinfacht aufgeschrieben ist. Es fehlen eine Taktangabe und Taktstriche, eine Punktierung der zweiten Note und entsprechend die Kürzung der dritten Noten zu einer Achtelnote, sowie die beiden Vorzeichen fis und cis im Vergleich zu den hörbaren Glockenhöhen und der Takt wurde von einem 3/8-Takt zu einem leichter lesbaren 3/4-Takt verändert. Außerdem wurde die Phrase in dem Spiel eine Quarte tiefer notiert, vermutlich, damit die Notation ohne Hilfslinien auskommt (s. Abbildung 23). Ansonsten bilden die Glockenhöhen wie in der Legende abgebildet eine D-Dur-Tonleiter von e1 bis fis2. Damit wird zwar das Notenbild vereinfacht und etwas verfälscht, dennoch ist die Übersetzung von Noten in Tonhöhen der Glocken notwendig, um die Quest zu lösen (s. Videobeispiel 11). Hier wird den Spielenden damit indirekt in einem kleinen Rahmen das Notenlesen vermittelt. Die Quest erfüllt damit eine lehrende Funktion im Sinne von „musical education“.37 Summers, Understanding Video Game Music (wie Anm. 7), S. 199. Ein freies Spielen der Glocken ist allerdings dadurch beschränkt, dass der Rhythmus und die Phrasenlänge immer vorgegeben sind und nicht veränderbar abgespielt werden können. Dadurch, dass die Musik die Filmmusik zitiert, weitet sich die Funktion der Musik darauf aus, auch bekannte Musik aus dem Filmuniversum aufzugreifen und damit für einen Wiedererkennungswert und einer Zugehörigkeit und Verankerung des Spiels in der Harry-Potter-Welt zu sorgen.
Vid. 11: Quest „Gelöst von der Glocke“. In: Hogwarts Legacy, aufgenommen mit Capture Card von der Autorin.
[49] Trotz der spezialisierten Betrachtung der Untersuchung von Musikinstrumenten, was nur einen kleinen Teilbereich der gesamten Videospielmusik von Hogwarts Legacy ausmacht, wird hieran bereits deutlich, wie vielseitig und umfangreich Videospielmusik ist. Die Darstellung von Musikinstrumenten kann bereits nach Hörbarkeit, Grad der Interaktion sowie Verortung innerhalb der Handlung differenziert werden. Außerdem erwies sich eine Analyse der Funktion statt der musikalischen Form durch die Vielfalt von Videospielmusik als sinnvoll,38 Rod Munday, „Music in Video Games“, in: Music, Sound and Multimedia. From the Live to the Virtual, hrsg. von Jamie Sexton, Edinburgh 2007, S. 51–67, hier S. 50. da eine Vielzahl von Funktionen festgestellt werden konnte. „Die Hauptaufgabe aller Elemente eines Videospiels, und somit auch der Musik, ist das Vertiefen der Immersion“.39 Peter Epting, „Musik in Videospielen“, in: Handbuch Funktionale Musik. Psychologie – Technik – Anwendungsbereiche, hrsg. von Günther Rötter, Dortmund 2017, S. 401–428, hier S. 403. Diese Hauptfunktion der Immersion in das Videospiel und auch in das dazugehörige Harry-Potter-Universum wurde durch die Instrumente erfüllt. Außerdem kann durch Instrumente der zeitliche Kontext und sozio-kulturelle Verhältnisse dargestellt und ausgeschmückt werden. Klangräume zeigen Subjektivität und untermalen mit großer Relevanz das visuelle Geschehen, außerdem übernimmt Videospielmusik auch die Funktion, Emotionen zu transportieren, wie an dem Lautenbild erkennbar wurde. Das Spiel schafft es inhaltlich, sich so authentisch in der Harry-Potter-Welt und der großen Menge an vorhandenen Vorwissen zu verankern, dass Altes entdeckt werden kann und auch gleichzeitig neue Erkenntnisse über die Beziehung zwischen Magie und Musik innerhalb des Franchises gewonnen werden können. Obwohl die Interaktion mit Musikinstrumenten in dem Spiel sehr gering gehalten wird, sind trotzdem Ansätze der Funktion erkennbar, Musikwissen zu vermitteln. Diese Vielseitigkeit in den Funktionen von Musikinstrumenten und auch die Vielseitigkeit von Musikinstrumenten selbst fällt immer wieder auf und zeigt, dass eines der zentralen Säulen des Spiels der Detailreichtum der Open-World ist, die auf der Erwartungshaltung der Fans beruht und für den Erfolg des gesamten Videospiels sorgt. Der Detailreichtum stellt damit zusammen mit der Immersion die Basis des Videospiels dar, der sich auch in verschiedenen Facetten in den abgebildeten Instrumenten zeigt, der musikwissenschaftliche Detailblick zeigt aber mehrere Ungenauigkeiten und sogar Fehldarstellungen. Insgesamt zeichnet sich ein erstes Bild von der Musik in Hogwarts Legacy, was allerdings noch deutlich weiter beispielsweise auf Bezüge zur Filmmusik und auf die nicht-diegetische Musik insgesamt untersucht werden kann.
Hogwarts Legacy, Version 1.04–1.06 (02.06.2023/06.06.2024/12.07.2024), Avalanche Software (Entwickler), Warner Bros. Games / Portkey Games (Publisher), DE / deutsch, PlayStation 4, 2023. ↑
„A beating heart of this franchise was Hogwarts. We knew that we needed to bring you back home.“ Hogwarts Legacy, „The Wizardry Behind Hogwarts Legacy | Official Trailer“, YouTube, https:/
Nathan Ayoubi in: Hogwarts Legacy, „Hogwarts Legacy - Making the Music“, YouTube, https:/
Chuck E. Myers „Sea“, J Scott Rakozy und Peter Murrey, Hogwarts Legacy (Original Video Game Soundtrack), Hogwarts Legacy, WaterTower Music, big idea music productions inc., 2023, https:/
Der Begriff bezieht sich hierbei auf präexistente (orchestrale) Musik und ist nicht nur auf die Epoche der Klassik beschränkt. Er wird trotz der gegebenen Ungenauigkeit in seiner bekannten, weiter gefassten Bedeutung verwendet. ↑
Vgl. Cristina Guzmán Anaya, „On the Organological Potential of Video Games. A Preliminary Cataloguing Card Model for the Examination of Ludomusical Instruments“, in: Journal of Sound and Music in Games 4/3 (2023), https:/
Vgl. Tim Summers, Understanding Video Game Music, Cambridge 2016, S. 178. ↑
Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Stein der Weisen, Hamburg 1998, S. 299; Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Feuerkelch, Hamburg 2000, S. 483; ebenda, S. 438; Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Halbblutprinz, Hamburg 2005, S. 333. ↑
Vgl. Josef Kloppenburg, „Musik im Film“, in: Handbuch Funktionale Musik. Psychologie – Technik – Anwendungsbereiche, hrsg. von Günther Rötter, Dortmund 2017, S. 429–456, hier S. 432. ↑
Kristine Jørgensen, „Time for New Terminology? Diegetic and Non-Diegetic Sounds in Computer Games Revisited“, in: Game Sound Technology and Player Interaction. Concepts and Developments, hrsg. von Mark Grimshaw, Hershey 2011, S. 78–97, hier S. 79. ↑
Ebd., S. 55. ↑
Für die Frage, ob Fans den Detailreichtum bemerken und wert schätzen, vgl. beispielsweise die Redditposts und dessen Kommentare: Harry_99_PT, „The sheer amount of classical pieces all throughout the castle.“, r/HarryPotterGame, Reddit, https:/
Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Gefangene von Askaban. Illustriert von Jim Kay, Hamburg 2017, S. 148. ↑
Erich M. von Hornbostel und Curt Sachs, „Systematik der Musikinstrumente. Ein Versuch“, in: Zeitschrift für Ethnologie 4–5 (1914), S. 553–590, hier S. 570. ↑
Vgl. beispielsweise das Verhalten der „reinblütigen“ und slytherintreuen Familie Black, Joanne K. Rowling, Harry Potter und Orden des Phönix, Hamburg 2003, S. 138. ↑
Paul Bürvenich, Der Zauber des Harry Potter. Analyse eines literarischen Welterfolgs, Frankfurt am Main 2001, S. 61. ↑
Mats Liljedahl, „Sound for Fantasy and Freedom“, in: Game Sound Technology and Player Interaction. Concepts and Developments, hrsg. von Mark Grimshaw, Hershey 2011, S. 22–43, hier S. 27. ↑
Joanne K. Rowling, Harry Potter und die Kammer des Schreckens, Hamburg 1999, S. 128–146. ↑
Myers, Rakozy und Murray, Hogwarts Legacy (Study Themes from the Original Video Game Soundtrack), digitale CD (wie Anm. 4). ↑
Kjell Christian Midtgaard, The Hardanger Fiddle. The Art of Luthery in Telemark Norway, Stavern 2018, S. 12. ↑
Ebd., S. 176. ↑
Ebd., S. 34. ↑
Vgl. Luigi Boccherini, Sei Quintetti per Archi op. 11 Nr. 5, Miuetto, Partitur, hrsg. von Erico Polo, online abrufbar unter https:/
Summers, Understanding Video Game Music (wie Anm. 7), S. 110f.; James Cook, „Game Music and History“, in: The Cambridge Companion to Video Game Music, hrsg. von Melanie Fritsch und Tim Summers, Cambridge 2021, S. 343–358, hier S. 344. ↑
Myers, Rakozy und Murray, Hogwarts Legacy (Study Themes from the Original Video Game Soundtrack), digitale CD (wie Anm. 4). ↑
Vgl. Hogwarts Legacy, „Hogwarts Legacy – Behind the Soundtrack – ‚Grasslands Vivarium‘ with Composer Chuck E. Myers“, YouTube, https:/
Ebd., 01’34’’–01’41’’. Vgl. für irische Volksinstrumente außerdem Axel Klein, Art. „Irland“, in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, New York, Kassel, Stuttgart 2016ff., zuerst veröffentlicht 2005, online veröffentlicht 2016, https:/
Myers, Rakozy und Murray, Hogwarts Legacy (Original Video Game Soundtrack), digitale CD (wie Anm. 4). ↑
Hogwarts Legacy, „Hogwarts Legacy - Behind the Soundtrack - ‚A Portrait of Love‘ with Composer Chuck E. Myers“, YouTube, https:/
Vgl. Liljedahl, „Sound for Fantasy and Freedom“ (wie Anm. 17), S. 33. ↑
Vgl. Josef Zuth, Handbuch der Laute und Gitarre, Wien 1926, S. 222; Musical Instrument Museums Online, „Portuguese guitar“, MIMO, http:/
Christoph Hust und Maximilian Rosenthal, „Soundchips & Scores: Konzepte der Computer-Rollenspielmusik von Ultima bis Baldur’s Gate“, in: Musiktheorie 39/2 (2024), S. 125–142, hier S. 129f. ↑
Vgl. Summers, Understanding Video Game Music (wie Anm. 7), S. 198f. ↑
Mike Newell (Regie), Harry Potter und der Feuerkelch, 2005, DVD, 64’02’’–66’12’’. ↑
Vgl. Karen Collins, „Synergy in Game Audio: Film, Popular Music, and Intellectual Property“, in: Game Sound. An Introduction to the History, Theory, and Practice of Video Game Music and Sound Design, hrsg. von Karen Collins, Cambridge 2008, S. 107–122, hier S. 119. ↑
N. N., „19. Jahrhundert“, Hogwarts Legacy Wiki, https:/
Summers, Understanding Video Game Music (wie Anm. 7), S. 199. ↑
Rod Munday, „Music in Video Games“, in: Music, Sound and Multimedia. From the Live to the Virtual, hrsg. von Jamie Sexton, Edinburgh 2007, S. 51–67, hier S. 50. ↑
Peter Epting, „Musik in Videospielen“, in: Handbuch Funktionale Musik. Psychologie – Technik – Anwendungsbereiche, hrsg. von Günther Rötter, Dortmund 2017, S. 401–428, hier S. 403. ↑
„19. Jahrhundert“, Hogwarts Legacy Wiki, https:/
-5507-, „Anyone else swing by the music room every once in a while just to listen to Chopin's nocturnes?“, r/HarryPotterGame, Reddit, https:/
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Anna Rehbock studiert historische Musikwissenschaft mit Nebenfach systematische Musikwissenschaft an der Universität Hamburg. Neben der Beschäftigung mit der Musik in Videospielen zählen Komponistinnen des 19. Jahrhunderts und symphonische Musik zu ihren Forschungsinteressen.